Süßwasserpolypen

Foto: Klaus Dreymann

21.7.2000
Seit einiger Zeit habe ich Probleme mit zwei verschiedenen Arten von Hydra, eine grüne, filigrane Art und eine weiße, größere Art.
Sie haben sich im Aufzuchtbecken für die Hexenwelsbrut ausgebreitet und selbst nach mechanischer Beseitigung durch Wischen und Reiben sind sie innerhalb einer halben Woche wieder da!
Normalerweise wären diese Polypen interessant für mich, aber gerade an dieser Stelle nicht - sie fressen der Fischbrut die Artemiennauplien weg und, was wesentlich schlimmer ist, Tag für Tag sterben ein paar der Jungfische!
Es heißt ja immer, daß man sich diese Polypen mit dem Futter oder den Pflanzen einschleppt.....naja

Ich habe heute zwei Zwerfadenfische (Colisa lalia), von denen man sagt, daß sie Hydra fressen, in das Zuchtbecken gesetzt.

26.7.
Es scheint zu klappen! Die Hydra ist deutlich weniger geworden und es ist kein Jungfisch mehr gestorben!
30.7.
Nein, ich habe mich getäuscht! Hydra vermehrt sich massenweise.

Als Problemlösungsvorschläge habe ich bisher zwei in der Aquarienliteratur gefunden, Formalin (4 ml/100l Wasser) und 4,5 V Flachbatterie mit Klingeldraht an den Polen, die gegenüber ins befallene Aquarium gehängt werden - an beide Methoden traue ich mich nicht so recht ran.
Im Moment habe ich die ersten zwei Zuchtbecken zweimal leergepumpt und zwischendurch immer wieder mit Watte, Schaber und Lappen geschrubbt......es bleiben aber fast immer irgendwelche Hydra-Bruchstücke übrig, die dann sehr schnell zu neuen Hydren werden. Ich probiere jetzt noch, diese zwei Zuchtbecken leer stehen zu lassen, bis die Hydra ausgehungert oder vertrocknet ist.
8.8.2000
Die Hydra hat sich massenweise vermehrt. In einem der leeren Zuchtbecken bedeckt sie den ganzen Boden wie Rasen.
Ich muß jetzt wohl doch mehr machen, als nur die Hydren mit Aquariumwatte abzuwischen - ich entscheide mich schweren Herzens für die Methode mit der Batterie. Ein glaubwürdiger Aquarienkollege (Bernd Possecker) hat das schon erfolgreich ausprobiert, allerdings hatte er "nur" Lebendgebärende in dem zu behandelnden Becken - Welse hingegen sind wohl etwas empfindlicher gegenüber Kupfer.
Ich hänge die Kupferdrähte gegenüberliegend in das befallene Becken und warte eine Stunde. Dann kommt der ängstliche Kontrollblick: Alle Hydren auf dem Boden (der Rasen) sind abgestorben und liegen als grüne Masse herum. An den Wänden und oben leben aber noch ein paar. Ich lasse die Kupferdrähte noch drinnen, aber erfolgreich scheint die Methode zu sein.
Nach zwei Stunden sind alle Hydren weg.
Ich habe es dann doch noch in dem Zuchtbecken mit vier Wochen alten Loricaria simillima angewendet - keine Verluste unter der Fischbrut!
8.9.
Kommando zurück!!!
Bei einem erneuten Einsatz der 4,5 Volt Batterie nach genau derselben Methode wie oben beschrieben ist mir eine komplette L. simillima-Brut eingegangen! Offensichtlich ist der Einsatz von Strom in Welswassern höchst gefährlich!

16.9.
Die Hydra hat sich inzwischen in allen drei Zuchtbecken wie ein Rasen ausgebreitet! Die Lorica simillima im mittleren Becken kleben nur noch oben an den Scheiben, der Beckenboden wird nicht mehr aufgesucht.....ich muß das Hydra-Problem in den Griff kriegen! Ich entschließe mich schweren Herzens, die Brut aus den Becken abzusaugen und in einem großen Eimer zwischenzulagern. Sorgen mache ich mir dabei um meine Farlowella-Brut, die ja gegen Wasserveränderungen sehr empfindlich sein soll.
Nachdem die Brut aus den Zuchtbecken heraus ist lasse ich das Wasser ab, putze und schrubbe gründlich mit Aquarienwatte, fülle mit heißem Wasser auf, lasse das eine Weile stehen und sauge dann das Wasser wieder ab. Danach wird mit Osmosewasser über den Filter aufgefüllt (Vorher GH 12 + KH 4, nachher GH 10 + KH 3). Dann werden die Schaumstoffstreifen und der Schaumstoffstopfen vor dem Auslauf mit heißem Wasser ausgewrungen. Schließlich kommt die Brut wieder in die Becken.
Alle Scheiben und der Boden scheinen ohne Hydra zu sein, aber ich traue dem Frieden noch nicht...

24.9.Hydra ist wieder da! =:-(

Foto: Marion Philipp-Bogg

Oktober 2000

Ich richte ein völlig separates Zuchtbecken 40x25x25 ein und setze, nachdem es eingefahren ist, Hexenwelsbrut rein, die natürlich auch mit Artemiennauplien gefüttert werden.
Nach vier Wochen ist das Becken wieder voller Hydra!
Es bleibt nach diesen Erfahrungen eigentlich nur eine logische Erklärung: Zwischen den Artemieneiern befinden sich irgendwelche, eine längere Trockenperiode überdauernden Bestandteile von Hydra, die sich durch Kontakt mit Wasser wieder regenerieren! (Obwohl Artemia im Salzwasser lebt und Hydra nicht!).

In allen anderen Aquarien (die nicht mit den Artemien in Berührung kommen!) gibt es übrigens auch keine Hydra!

28.11.
Merkwürdig: Ich habe in einem Zuchtbecken, das durch die Artemia-Fütterung über und über mit Hydra bedeckt war, zwei Tage lang keine Artemiennauplien gefüttert (stattdessen Tubifex und Enchyträen) - und die Hydra ist verschwunden!

29.11.
Nochmal merkwürdig: Ich habe eine Handvoll Javamoos aus einem mit Hydra übersäten Zuchtbecken in ein gerade einzufahrendes Becken getan, weil ich mir dachte, dass die Hydra wohl kaum die dorte Nitritmenge überleben würde - Pustekuchen! Diese Hydren haben sich seit einer Woche sogar massenweise vermehrt, sie sehen allerdings sehr dünn und viel länger als vorher aus.Ich weiß nicht, wovon sie sich seit einer Woche ernähren.

Briefwechsel zum Thema:

mit Nils Kaye

am Montag, 13. Februar 2006 um 18:12 schrieben Sie:

Lieber Herr Dreymann,

ich habe mit einem befreundeten Aquarienhändler (einem ehemaligem Chemiker) gesprochen. Er empfahl Ectopur von Sera.
Meersalz oder NICHT JODIERTES Kochsalz (NaCl) würde auch gehen. NaCl ist auch der Hauptbestandteil von Ectopur.
Dosierung: 2 Teelöffel (ca. 5g) pro 25l.

Das Verhalten der Fische ist jetzt (ca. nach 1h) besser geworden und die Hydras scheinen zurück zu gehen.

NaCl schädigt die Fische und Pflanzen in geringen Dosen anscheinend nicht. Von Sera wurde auch keine Warnung gedruckt.

Ich werde ihnen den weiteren Verlauf mitteilen. Sollten sie noch ein mit Hydra befallenes Becken haben, so könnten sie es auch probieren. Nur für die Statistik. Vielleicht sollte man Strom/Kupferdraht mit NaCl kombinieren?

Grüße
Nils Kaye

am Montag, 13. Februar 2006 um 19:49 schrieben Sie:

Danke für die Mitteilung - ich werde das mal in den Text mit einbauen, wenn ich darf?
--
Mit freundlichen Grüßen kdreymann

Natürlich dürfen sie! Ich bin Aquarianer. Und als solcher bin ich über Tipps und Tricks selber dankbar. Ich werde ihnen auch den weiteren Verlauf schildern.

Bis jetzt scheint es so, daß die Hydra von unten nach oben wegstirbt. Vor allem die kleineren Exemplare sind betroffen.

Das Mittel besteht übrigens aus 95,5% NaCl, der Rest ist als kurz- und langfristiger "Sauerstofflieferant" angegeben (Natriumperborat, Natriumborat).
Wichtig ist anscheinend, dass es REINES NaCl ist. Ohne zusätzliche Stoffe.
Ich könnte mir vorstellen, das die Hydra auf Grund des osmotischen Drucks (Osmose=Diffusion durch eine semipermeable Membran) stirbt, sie also von innen "vertrocknet" wie die Straßenbäume früher, als noch mit Salz gestreut wurde.
Grüße Nils Kaye

P.S.: Am Boden (Quarzsand) hatte ich von vorneherein keine Hydra. Ich gehe davon aus, dass die vielen Panzer- und (zwei erwachsene Tiere) Schwielenwelse den Bodengrund so oft umwälzen, daß keine Hydra lange überlebt.

Ich habe jetzt zwei zusätzliche Teelöffel direkt (nicht wie vorher in Wasser aufgelöst) hinzugegeben.
Punkt 1 (direkt auf den Innenfilter):
Verschiedenene Platys und Black Mollys "baden"/ stehen über diesem Ort.

Punkt 2 (am Boden bei einem stark befallendem Blatt):
Mein Schwielenwelsweibchen (ca. 12cm) schwamm ca. zwei Dutzend mal über die Stelle (extrem) langsam hinweg, wendete sofort wieder und schwamm wieder darüber hinweg.

Punkt 3: Ein Bekannter hat mir Platys und Black Mollys gegeben, weil er zum Einen ein Becken leer räumen mußte und zum Anderen, weil er meinte, sie könnten die Hydras fressen. Schließlich "picken" die an allem herum um zu sehen ob es freßbar ist. Sowohl Platys als auch (erst recht) die Mollys scheinen Hydras zu fressen. Zwar nicht als Leibspeise, doch aus Langeweile bzw. weil nichts anderes da ist, tun sie es doch.

Noch ein Tipp:
Niemals Black Mollys mit schwarzen Schwielenwelsen (H.s. var. niger) zusammen halten, wenn diese jung sind. Die Mollys belästigen meine Welse (nur die schwarzen) als würden sie glauben sie wären auch Mollys.

am Montag, 13. Februar 2006 um 21:07 schrieben Sie:
Auch die großen Hydras auf dem Innenfilter sind nach der direkten Bestreuung verschwunden. Ich befürchte, daß man die Dosis erhöhen muß (näheres in der nächsten Zeit) und die Fische dabei herausfangen sollte. Ich glaube auch, daß Hydra versucht sich auf Fischen anzusiedeln. Vor allem wenig bewegliche Fische mit großen Schuppen (z.B. Welse) könnten als Träger in Frage kommen. Denn seit ich Hydra habe scheuern sich meine Fische (bis gestern nur Welse) auffällig an Pflanzen, Steinen und Wurzeln. Aber auch neue Platys und Mollys scheuern sich heute. Auch wenn sie sich jetzt weniger häufig scheuern als vor ein paar Stunden, werde ich übermorgen alle Fische aus dem Becken herausfangen (vorsichtshalber) und in ein kleines steriles Becken überführen.
Dann werde ich die Dosis im Hauptbecken erhöhen. Aber im sterilen Becken auch normal "salzen". Ich kann mir vorstellen, daß hydrafreie Becken wieder infiziert wurden, indem man mit Hydra befallene Fische einsetzte.

Dienstag, 14. Februar 2006:
Heute morgen (nach ca. 12h Behandlung) ist die Frontscheibe zu 3/4 Hydra frei. Die Rückscheibe kann ich nicht völlig sehen (zu stark bepflanzt), hat aber im oberen Teil (wie die Frontscheibe) noch Hydras. Die Atmung der Fische ist sehr viel ruhiger geworden. Das direkt gesalzene Blatt ist völlig Hydra-frei! Wegen der Fische möchte ich die Dosis nicht zu sehr erhöhen.
Bei Unbelebten (Filter, Heizung, Schläuche, Kies, Steine, Wurzeln und leere Becken) würde ich zur Desinfektion die fünffache Dosis (statt 20g also 100g pro 100l) vorschlagen. Geht einfach schneller. 15-30 Minuten wirken lassen. Fertig. Bei Pflanzen die dreifache Dosis (also 60g auf 100l) für eine halbe bis ganze Stunde.

Noch einmal: Nur reines NaCl OHNE Jod oder Fluor etc. geben. Bei 20g auf 100l wirkt es sehr langsam. Ich gehe davon aus, das die Hydras entweder betäubt werden oder absterben. Wie auch immer, ihr "Fuß" scheint an Haftkraft zu verlieren und sie können dann von der Strömung oder Fischen "abgerubbelt" werden. Ist auf jeden Fall wirksam (ob zu 100% bei der Minimal-Dosis muß man abwarten) ohne eine Chemiekeule zu sein. Und mit dem nächsten Wasserwechsel ist es weg.

Ectopur wird als Heilmittel für Ektoparasiten angepriesen. Sollte also auch bei Planarien wirken. Probieren sie es einfach mal aus (ich selber habe keine Planarien). Bitte teilen sie mir ihre Erfahrungen bei Planarien mit, falls ich auch mal welche bekommen sollte. :-) Grüße Nils Kaye aus Berlin

Mittwoch: Die Hydra verschwindet langsam.
Allerdings geht es immer zwei Schritte vor und dann einen zurück. Da meine Panzerwelse wieder anfangen zu treiben (und ich in einem hydraverseuchten Becken alle Jungfische verlieren werde), erhöhe ich die Dosis auf 25g pro 100l.
Schwerer Fehler!
Tagsüber war noch alles normal, doch bei einer nächtlichen Kontrolle schnappten alle Welse an der Oberfläche nach Luft. Sogar die Nadel- und Störwelse. Also 1/4 Wasserwechseln. Dannach war alles wieder O.K. Lege eine Tochterpflanze meiner Echinodoris über Nacht "in Salz ein" (1TL auf 1l).
Donnerstag:
Die Pflanze hat das Bad gut überstanden. Am Abend nehme ich alle Pflanzen aus dem Becken und lege sie in einen Eimer mit Salzwasser (1TL pro Liter).
Freitag:
Fange alle Fische heraus (und so viele Glasgarnelen wie möglich) und überführe sie in ein Auffangbecken. Dann erhöhe ich die Temperatur im Becken auf 32 Grad und Salze das Wasser (1TL auf 2 Liter). Nach 6 Stunden entferne ich den Kies und Salze ihn direkt in den Eimern ein (die Garnelen im Aquarium leben übrigens noch). Dann schrubbe ich die Glasscheiben mit einem groben Schwamm und sauge das Wasser ab. Beim neu Einrichten spüle ich die Pflanzen kurz unter kaltem Wasser ab und spüle den Kies kräftig durch.
Samstag:
Alle Hydras scheinen weg zu sein. Näheres ergibt sich aber erst nach einiger Zeit. Nützlicher Nebeneffekt: Alle Schnecken samt Laich scheinen verschwunden zu sein. Also vorher Turmdeckel- und Apfelschnecken heraussammeln und später wieder hinzugeben. Aufpassen, daß keine toten Schnecken im Kies verbleiben. Die belasten das Wasser sonst zu stark.

Copyright ©